Was viele längst aus eigener Erfahrung kennen, hat nun eine neue Studie eindrucksvoll belegt: Sexuelle Belästigung, Hassrede und andere Formen von Gewalt sind im Online-Gaming keine Ausnahme, sondern häufige Realität. Laut der Untersuchung GamerVictim, durchgeführt von der spanischen Universität Miguel Hernández (UMH) in Elche, berichtet jeder fünfte befragte Spielerin von sexueller Viktimisierung in Online-Games.
Besonders betroffen sind Frauen, queere Menschen und ältere Spieler:innen. Auch Hassvorfälle – also Beleidigungen oder Angriffe aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, ethnischer Zugehörigkeit oder politischer Meinung – betreffen je nach Kategorie zwischen 20 % und 30 % der Community.
„Toxisches Verhalten ist ein weit verbreitetes Problem in Online-Spielen und betrifft einen erheblichen Teil der Spielenden“, erklärt Mario Santisteban, Professor für Strafrecht an der UMH und Mitglied des Forschungsteams. Die Ergebnisse zeigen: Wer regelmäßig spielt und persönliche Informationen teilt, erhöht das Risiko, zum Ziel solcher Übergriffe zu werden.
Die Studie basiert auf einer Umfrage unter mehr als 1.800 spanischen Gamer:innen und untersucht vier zentrale Problemfelder: soziale Gewalt (etwa Beleidigungen oder Hassrede), sexuelle Belästigung, ökonomischer Missbrauch (z. B. Erpressung oder Betrug im Spiel) und problematisches Spielverhalten.
Besonders alarmierend: Die Forscher:innen berichten von ernsthaften psychologischen Folgen für die Betroffenen – darunter Angstzustände, geringes Selbstwertgefühl und der Rückzug aus der Gaming-Community. Zudem zeigt sich ein Teufelskreis: Wer Opfer von verbaler Gewalt wird, neigt häufiger dazu, selbst andere zu beleidigen – toxisches Verhalten wird so weitergegeben und normalisiert.
Schon in einer früheren Untersuchung des Teams aus dem Jahr 2023 hatte man ähnliche Muster festgestellt. Damals wurden 328 League of Legends-Matches analysiert – in 70 % davon traten toxische Interaktionen auf. Am häufigsten waren ständige Beschwerden und persönliche Angriffe. Schwere Hassnachrichten waren seltener, doch die Forschenden warnten schon damals vor einem gefährlichen Gewöhnungseffekt und unzureichender Moderation.
„Gerade kompetitive Spiele wie MOBAs, in denen zwei Teams gegeneinander antreten, haben ein besonders hohes Aggressionspotenzial“, so Santisteban. Viele Spieler:innen treffen in einem engen digitalen Raum aufeinander, oft ohne effektive Kontrolle oder klare Sanktionen – ein Nährboden für destruktives Verhalten.
Was kann getan werden?
Für Santisteban und das Team vom Kriminologischen Zentrum Crímina ist klar: Spielentwickler stehen in der Verantwortung. Sie hätten die besten Voraussetzungen, um präventiv zu handeln – sei es durch automatisierte Erkennungssysteme, effektive Meldetools oder spielerisches Belohnungsdesign, das positives Verhalten fördert. Auch die EU-Digital Services Act biete neue Hebel, um Plattformen zu mehr Transparenz und Schutz ihrer Nutzer:innen zu verpflichten.
Das Forschungsprojekt GamerVictim wird im Rahmen des PROMETEO 2023 – CIPROM/2022/33 von der Generalitat Valenciana gefördert. Neben der UMH sind Forscher:innen der Universitat Oberta de Catalunya, der Universität Valencia, der Universität Girona und der Universität Zaragoza beteiligt. Geleitet wird das Projekt von Fernando Miró Llinares, Professor für Strafrecht an der UMH.
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